19.02.2001 - Evaluierung bilingualer Kompetenz -

19.02.2001 - FU Berlin Digitale Dissertation
Evaluierung bilingualer Kompetenz

Eine Pilotstudie zur Entwicklung der deutschen und italienischen Sprachfähigkeiten in der Primarstufe beim Schulversuch der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB)
Sigrid Gräfe-Bentzien

Zusammenfassung / Inhalt

Bei der vorliegenden Pilotstudie, die sich auf den bilingualen Schulversuch der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) bezieht, sind zwei Ziele eng miteinander verknüpft. Die auf einen Jahrgang an einem Standort der SESB beschränkte Beobachtung der Lernentwicklung in der deutschen sowie in der italienischen Sprache soll zur Evaluierung des Schulversuchs beitragen. Gleichzeitig wird für die Untersuchung des bilingualen Lernprozesses in der Primarstufe speziell für Zweitklässler ein strukturiertes Beobachtungsverfahren entwickelt und erprobt.
Dieses Pilotverfahren hat dem Alter der Probanden entsprechend seinen Schwerpunkt beim mündlichen Sprachgebrauch. Es erhebt bei 15, zum Teil spielerischen Untersuchungsanordnungen zur starken Sprache und zur Partnersprache Daten zu den Sprachbereichen Phonematik/Prosodie, Hörverständnis, Wortschatz, Morphosyntax, Begriffsbildung, Schreibfertigkeit, Lesefertigkeit und zum Kommunikativen Sprachverhalten. Die Auswertung erfolgt qualitativ und quantitativ. Bei der nachträglichen Analyse erweist sich das Instrumentarium bereits als hinlänglich objektiv, valide und reliabel. Gleichwohl werden im letzten Kapitel einige Vorschläge zur Modifizierung unterbreitet.
Ergebnisse der Untersuchung: An der SESB wird die Erstsprachkompetenz durch den gleichzeitigen Erwerb von 2 Sprachen in frühem Lernalter nicht beeinträchtigt. In allen Grundfertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben) entspricht das bis zum Ende des 2. Schuljahrs erreichte Niveau dem altersgemäßen Durchschnitt der monolingualen Kontrollgruppen, sogar bei der italienischen Sprachgruppe, obwohl dort einige Schüler zum Schulanfang erhebliche Schwächen in der sogenannten starken Sprache aufwiesen. Bei Deutsch als Zweit- und Umgebungssprache sind kontinuierliche Fortschritte festzustellen. Dagegen unterliegt der Lernprozess bei Italienisch als Zweitsprache einer starken Varianz, die weniger von außerschulischen Variablen (Familiensprache, Sprachkontakt usw.) abhängt als von individuellen Dispositionen wie Sprachbegabung und einer mit Extrovertiertheit gepaarten Kontaktfreude.
Trotz der erfreulichen Anfangserfolge ist am Ende des 2. Schuljahres noch nicht abzusehen, ob die SESB ihr Ziel einer allgemeinen Förderung der Mehrsprachigkeit auf hohem Niveau erreicht. Die Beurteilung des Konzepts bleibt der Fortsetzung der Beobachtungen in Form einer Langzeitstudie vorbehalten.

FU Berlin: Digitale Dissertation © 2001
Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften, Freie Universität Berlin
Kontakt Verfasser: graefe.bentzien@nikocity.de

Bezugsquelle

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