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01.04.2003 - Die Welt -

01.04.2003 - Die Welt
Schulbuch-Kosten als Testfall für die Koalition
von Christa Beckmann

Der Streit um die Frage "Wer zahlt wie viel für die Schulbücher?" wird zum Härtetest für die Koalition. Nachdem ein Kompromiss am Veto des Finanzsenators gescheitert war, soll nun der Koalitionsausschuss eine Lösung finden.
60 Euro, 100 oder mehr? Das sind die Summen, um die es geht. Fest steht bislang nur: Vom nächsten Schuljahr an wird es nicht mehr alle Schulbücher kostenlos geben. Bildungssenator Klaus Böger hatte vorgeschlagen, Eltern mit bis zu 100 Euro am Bücherkauf zu beteiligen. Der PDS ist das zu viel. Ihr schwebt ein Eltern-Beitrag "zwischen 40 und 60 Euro" vor. Finanzsenator Thilo Sarrazin sind 100 dagegen zu wenig. Seiner Ansicht nach wird das gesteckte Sparziel damit nicht erreicht: nämlich acht Millionen Euro in diesem Jahr, danach jährlich 15 Millionen.
Zu der Verwirrung um die Einspareffekte trägt offenbar auch eine Erhebung der Schulverwaltung über die "realen Beschaffungskosten" bei. Danach müssen bis zu 338 Euro pro Jahr ausgegeben werden. Eine Summe, die nicht nur FDP-Bildungsexpertin Mieke Senftleben für "völlig utopisch" hält. Auch der "VdS Bildungsmedien", ein Zusammenschluss deutscher Schulbuchverlage, kommt in einer Bedarfsberechnung für Berlin teilweise zu deutlich geringeren Beträgen. "Viele Werte der Schulverwaltung sind einfach zu hoch gegriffen", sagt Nico Enger vom Cornelsen-Verlag. Für Siebtklässler am Gymnasium beispielsweise rechnet die Berliner Verwaltung mit 338 Euro Bücherkosten, die Schulbuchverleger setzen maximal 257 an. Bei Sechstklässlern kommt der Verband auf höchstens 83 Euro statt 123.
Im Bildungsministerium Rheinland-Pfalz, wo die Eltern je nach Einkommen für Bücher selbst zahlen, geht man von noch geringeren Beträgen aus: Viele Schulen machten Sammelbestellungen, es gebe Bücherbörsen usw.
Wie hoch die Kosten auch immer sein mögen, für die PDS sind "70 Euro Elternbeitrag die absolute Schmerzgrenze", wie die bildungspolitische Sprecherin, Sieglinde Schaub, betont. Zu Zugeständnissen ist die PDS dagegen an anderer Stelle bereit. Von dem Eigenbeitrag sollen die Eltern Schulbücher kaufen, die in ihrem Besitz bleiben. Die anderen Bücher sollen weiterhin ausgeliehen werden. Ursprünglich hatte die PDS dieses System abgelehnt und den Elternbeitrag als eine Art Leihgebühr gesehen. Einig sind sich SPD und PDS darin, dass Sozialhilfe- und Wohngeldempfänger ihre Bücher auch künftig kostenlos bekommen sollen.

Der Artikel ist erschienen am 1. April 2003
2003 © Die Welt