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01.04.2003 - Die Welt -

01.04.2003 - Die Welt
PDS bremst Bögers Oberstufenreform aus

Die Reform, mit der die Schulzeit bis zum Abitur um drei Monate verkürzt wird, ist eines der bildungspolitischen Vorzeigeprojekte
von Christa Beckmann

Nach dem Streit um die Abschaffung der Lernmittelfreiheit droht Bildungssenator Klaus Böger ein neuer Krach mit dem Koalitionspartner. Die PDS will die geplante Oberstufenreform nicht mittragen. "Das Ganze ist kein wirklicher Gewinn", sagt PDS-Bildungsexpertin Sieglinde Schaub. Eine flächendeckende Einführung der verkürzten Oberstufe werde es mit der PDS nicht geben. Geballter Protest kommt auch von Elternseite.
Die Reform, mit der die Schulzeit bis zum Abitur um drei Monate verkürzt wird, ist eines der bildungspolitischen Vorzeigeprojekte. Um mit der verkürzten Oberstufe zum Schuljahr 2004/05 starten zu können, will der Senator das Vorhaben vom neuen Schulgesetz abkoppeln und separat noch vor der Sommerpause ins Parlament verabschieden lassen. Ein Zeitplan, der durch das Veto der PDS ins Wanken gerät.
"Die Verkürzung wäre eine zu große Belastung für Schüler und Lehrer", begründet Schaub die Ablehnung. Schüler hätten dann 34 statt 29 Stunden pro Woche, Lehrer müssten zusätzlich zur aktuellen Arbeitszeiterhöhung im letzten Semester noch einmal zwei Stunden draufsatteln.
Die PDS will die Verkürzung um drei Monate deshalb allenfalls als Modellversuch an einzelnen Schulen akzeptieren. Stattdessen plädiert der kleine Koalitionspartner für eine "flexible" Oberstufe. Ähnlich wie in Finnland sollen Schüler die Möglichkeit bekommen, die Oberstufe je nach Leistung in zwei oder vier Jahren zu durchlaufen.
Auch in der SPD ist die Reform nicht unumstritten. Aber "diese Lösung ist besser als gar keine", sagt die schulpolitische Sprecherin, Felicitas Tesch. Eine Verkürzung um ein Jahr sei derzeit nicht möglich, weil das bundesweit vorgegebene Stundensoll für das Gymnasium wegen der sechsjährigen Grundschule nicht erreicht werden könne.
Unterdessen wird die Kritik von Eltern an der Reform immer lauter. Sie bemängeln nicht nur fehlende Absprachen mit Brandenburg, sondern auch einen Qualitätsverlust. So würden die Naturwissenschaften in der neuen Oberstufe auf zwei Fächer reduziert, Mathematik in Klasse 11 werde um eine Stunde gekürzt. Rita Rösner, Elternvertreterin im Landesschulbeirat warnt vor übereilten Beschlüssen: "Wir brauchen eine breite Diskussion." Eine Kritik, der sich auch die Grünen anschließen. "Wir dürfen die Oberstufenreform nicht vom neuen Schulgesetz abkoppeln", sagt deren Bildungsexperte Özcan Mutlu.

Der Artikel ist erschienen am 1. April 2003
2003 © Die Welt