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| 12.06.2003 - Morgenpost - |
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12.06.2003 - Berliner Morgenpost Berliner Lehrer besorgt - Schüler bald ohne Bücher
Viele Eltern können sich 100 Euro für Lernmittel nicht leisten / Schulbeirat befürchtet Chaos
Berlin - Berlins Schulen sehen dem neuen Schuljahr mit großer Sorge entgegen. Ein Teil der Schüler wird zum Unterrichtsbeginn ohne die erforderlichen Bücher in die Schule kommen, prophezeien sie. Denn viele Eltern könnten oder wollten die bis zu 100 Euro pro Kind und Jahr, mit denen sich Familien am Schulbuchkauf beteiligen müssen, nicht bezahlen, fürchten Lehrer. Die Umsetzung des Beschlusses bis zu den Sommerferien sei zudem nicht praktikabel. "Das wird ein riesengroßes Chaos werden", sagt der Vorsitzende des Landesschulbeirats, Peter Wisniewski. Probleme sehen vor allem Schulen in sozialen Brennpunkten auf sich zukommen. "Wir haben zu 80 Prozent Kinder nicht deutscher Herkunft", sagt der stellvertretende Leiter der Neuköllner Konrad-Agahd-Grundschule, Lutz Hierse. Darunter viele, die nur knapp über dem Sozialhilfesatz lägen. "Denen muss man diese Regelung erst einmal verständlich machen." Das gehe nicht in einer Hauruck-Aktion. "Schon heute bekommen wir von vielen Familien noch nicht einmal ein paar Euro für einen Wandertag", sagt Hans-Joachim Scholz, Leiter der Breitscheid-Hauptschule in Moabit. "Wie bringen wir diese Eltern dazu, ein Buch zu kaufen?" Nicht realisierbar in der Kürze - darin waren sich auch die Schulleiter von Tempelhof-Schöneberg auf ihrer jüngsten Sitzung einig. Dass die Schulen feststellen müssen, wer Asylbewerber ist, Sozialhilfe, Wohngeld oder Bafög bezieht und damit von der Zuzahlung befreit, hält Siegfried Arnz, Rektor der Werner-Stephan-Oberschule, sogar für verfassungsrechtlich bedenklich: "Zumal es noch keine rechtsgültigen Ausführungsvorschriften gibt." In der Senatsschulverwaltung glaubt man dagegen nur an Anfangsprobleme. Die Eltern seien zum Buchkauf verpflichtet, sagt Senatsschulsprecherin Rita Hermanns. "Andernfalls müssen sie mit Bußgeld von deutlich mehr als 100 Euro rechnen." Um zu erkennen, ob die von Eltern vorgelegten Beihilfebescheide echt sind, sollen die Schulen jetzt Musterpakete mit Formularen bekommen.
Der Artikel ist erschienen am 12. Juni 2003 2003 © Verlag Berliner Morgenpost
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